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Stiftung Wissenschaft und Politik
Updated: 3 hours 17 min ago

The Strategic Partnership between Georgia and the United States: Vision Wanted

Fri, 18/12/2020 - 00:10

Georgia’s political leadership has been pursuing close ties to the United States and a geopolitical positioning in “the West” at least since the presi­dency of Mikheil Saakashvili. A formal Strategic Partnership has struc­tured the relationship since 2009.

Donald Trump’s “America First” policy and the transition to a supposedly less pro-American political leadership in Georgia have raised questions over the status of the bilateral relationship.

Georgian-US ties remain close and have intensified in recent years. They are still essential to Tbilisi. But the two sides do not always associate the same expectations, functions and priorities with the Strategic Partnership.

Washington prioritises democracy and rule of law, and corresponding reforms in Georgia. Tbilisi concentrates on security and defence and in­creasingly also economic and trade cooperation.

The biggest obstacle to a further deepening of the relationship, however, is Washington’s lack of a strategic vision for Georgia and the region.

This strategic void places limits on Tbilisi’s efforts to establish its own imagined geography in Washington. Without a clear US strategy the Stra­tegic Partnership perpetuates Georgia’s liminality, its suspension between “east” and “west”. In this respect it resembles Georgia’s Association Agree­ment with the European Union.

A More Robust Russia Policy for the EU

Fri, 18/12/2020 - 00:00

Since the annexation of Crimea and the outbreak of the war in Eastern Ukraine in spring 2014, the EU has largely been in crisis-management mode vis-à-vis Russia. During the past six years, it has become clear that Russia’s actions towards Ukraine are not a stand-alone crisis, but rather the expression of a policy that violates the sovereignty and territorial integrity of other states and does not seek compromise with western actors in the neighbourhood. It is associated with an approach that aims to weaken the EU and many of its member states. Finally, the case of Alexei Navalny, inter alia, has indicated that the Russian leadership is prepared to use bru­tality to prevent a viable political opposition from emerging. Considering all this, the EU needs a Russia policy that is capable of dealing with Russia more effectively.

US-Rüstungskontroll- und Militärpolitik in Europa – Erwartungen an Biden

Fri, 18/12/2020 - 00:00

Mit Präsident Trumps »America first«-Politik haben die USA der multilateralen Ordnung den Rücken gekehrt, internationale Abkommen verlassen, Rüstungskontrollverträge gekündigt und die Nato in Frage gestellt. Gegen Deutschland wollte Trump nationale In­teressen mit Sanktionen durchsetzen. Dort sind die Erwartungen hoch, dass es unter dem künftigen Präsident Biden gelingt, die tiefe Vertrauenskrise in den deutsch-ame­ri­kanischen Beziehungen zu überwinden. Der Ton im Umgang miteinander dürfte verbindlicher werden. Interessenunterschiede werden aber nicht einfach ver­schwin­den. Dagegen sprechen die Konstanten in der Außen- und Sicherheitspolitik der USA ebenso wie die begrenzten Handlungsspielräume des gewählten Präsidenten. Die Rüstungskontrolle wird zwar wieder einen höheren Stellenwert einnehmen. Fort­schritte aber werden zähes Verhandeln und höhere Beiträge Deutschlands zur Bünd­nisverteidigung erfordern.

Internationale Politik unter Pandemie-Bedingungen

Thu, 17/12/2020 - 00:10

2020 ist die Covid-19-Pandemie weltweit zu einem maßgeblichen Faktor internationaler Politik geworden. Ihre wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen verstärken bestehende Trends und haben überdies systemverändernde Qualität.

Die Dauer der Pandemie und die Fortschritte bei ihrer Bekämpfung sind schwer zu prognostizieren. Darum werden in dieser Studie Szenarien und Handlungsoptionen entworfen, die Entwicklungen der internationalen Ordnung, der Klima- und Nachhaltigkeitspolitik, der Impfstoffverteilung oder Pfade für migrationspolitische Zusammenarbeit betreffen.

So schicksalhaft die Pandemie auch in das Leben und die Politik eingegriffen hat, so unabweisbar ist die Notwendigkeit, die Folgen auf nationaler, europäischer und globaler Ebene politisch zu gestalten. Hier bietet der anstehende Wechsel im Weißen Haus eine Gelegenheit für effektive inter­nationale Kooperation und abgestimmtes multilaterales Vorgehen.

Noch hat die Pandemie der EU keinen effektiven Anstoß für größere Handlungsfähigkeit in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gegeben, wohl aber einen wichtigen politischen Impuls für den EU Next Generation Fund und dessen Programmierung auf die Großprojekte Green Deal und Digitalisierung.

Die Weltwirtschaft ist in die tiefste Rezession seit den 1930er Jahren gestürzt, die Abstände zwischen armen und reichen Staaten dürften grö­ßer werden. Die Pandemie verstärkt Tendenzen zu Regionalisierung und Relokalisierung von Liefer- und Wertschöpfungsketten. Konzepte für die Stärkung der Resilienz kritischer Wirtschaftssektoren erhalten mehr Auf­merksamkeit, bergen aber die Gefahr von wachsendem Protektionismus.

Die Pandemie hat nicht zu einem Lockdown der Gewalt in Krisenzonen geführt. Während das Engagement für ziviles und militärisches Krisenmanagement nachließ, setzten Groß- und Regionalmächte ihre Rivali­täten um Status, Einfluss und Hegemonie fort.

Deutschland und Europa stehen 2021 vor vielerlei Herausforderungen: Sie müssen einen Durchbruch bei der globalen Eindämmung der Pan­demie erzielen, die Wirtschaft im EU-Raum wieder ankurbeln, den Großprojekten Green Deal und Digitalisierung Zugkraft verleihen, die multi­laterale Kooperation revitalisieren, den Weg zur strategischen Autonomie Europas fortsetzen, dies mit einem Neustart der transatlantischen Beziehungen verbinden und fragile Länder des Südens stabilisieren. Ziel­konflikte sind dabei unvermeidlich.

Deutsche Rüstungsexporte und die Militarisierung der Außenpolitik arabischer Staaten

Thu, 17/12/2020 - 00:05

Gemessen an den erteilten Exportgenehmigungen werden auch 2020 arabische Staa­ten wieder zu den Hauptempfängern deutscher Rüstungslieferungen gehören. Damit setzt sich trotz des kürzlich verlängerten Exportstopps für Saudi-Arabien ein Trend fort, der sich seit den frühen 2000er Jahren, vor allem aber seit 2010 beobachten lässt. Angesichts der regionalen Entwicklungen ist dies problematisch. Denn in den vergan­genen Jahren hat sich die Außenpolitik der wichtigsten Abnehmerstaaten gewandelt. Sie sind weniger berechenbar und eher bereit, militärische Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen zu nutzen. Rüstungsexporte könnten somit dazu beitragen, die zahl­reichen zwischenstaatlichen Konflikte in Nahost und Nordafrika weiter eskalieren zu lassen, mit hohen Risiken für Deutschland und die EU. Auch vor dem Hintergrund der eigenen Exportrichtlinien ist daher für diese Länder ein Ausfuhrstopp anzuraten.

Weltweit Gesundheitssysteme stärken

Thu, 17/12/2020 - 00:00

Im Rat der EU wird derzeit der Vorschlag einer Europäischen Gesundheitsunion dis­kutiert. Dabei ist vorgesehen, das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zu stärken und sein Mandat auszuweiten. Vor diesem Hintergrund können sich das ECDC und die EU-Mitgliedstaaten für eine neue Rolle des ECDC stark­machen. Während das politische Gewicht der Mitgliedstaaten nötig ist, kann das ECDC seine regionalen und bilateralen Partnerschaften ausbauen, um über entwicklungspolitische Projekte Gesundheitssystemstärkung zu fördern. Dadurch böte sich dem ECDC die Möglichkeit, einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zur Agenda 2030 zu leisten.

Foresight*: Global Competition for Health Care Workers from Africa

Wed, 16/12/2020 - 00:00

Pretoria, 12 February 2024: During a ceremony, the German Minister of Health and his South African counterpart sign the “Together We Care” agreement on the training and assignment to Germany of 20,000 South African nurses. “Together We Care” is part of a comprehensive cooperation agreement. Training centres for medical per­sonnel are to be set up in several South African cities. The agreement also contains commitments to support a vocational training system and the facilitation of visas. The event has received extensive media coverage and a predominantly positive recep­tion. The German weekly newspaper FAZ publishes a front page article with the head­line “Germany can hold its own in global competition”, and the weekly taz welcomes the agreement with an article entitled “Germany remains a country of immigration”.

Großbritannien: Gezielte Rüstungs­investitionen für weniger Abhängigkeit

Wed, 16/12/2020 - 00:00

In Großbritannien sind die Unsicherheiten über die Höhe der Steuerausfälle und der zu zahlenden Hilfen wegen des Brexits und der Covid-19-Pandemie groß. Dennoch er­hielt das britische Militär eine Zusage vom Finanzministerium über 4 Milliarden Pfund zusätzlich, jedes Jahr, für die nächsten vier Jahre. Das Vereinigte Königreich unterstreicht damit seine Bestrebungen nach sicherheitspolitischer Unabhängigkeit und will sich, insbesondere den USA gegenüber, als verlässlicher Partner erweisen. Es erkauft sich mit der Erfüllung des 2-Prozent-Ziels der Nato auch Freiheiten für seine »Global Britain«-Agenda. Großbritanniens Fokussierung auf eine weltweite Einsetzbarkeit seiner Kräfte und neue Technologien macht Streichungen an anderen Stellen wahrscheinlich. Die dann entstehenden (Fähigkeits-)Lücken müssten von Alliierten gefüllt werden.

Abschreckung und Verteidigung im Ostseeraum

Tue, 15/12/2020 - 00:00

Infolge der Krim-Annexion haben die Alliierten auf dem Nato-Gipfel 2014 in Wales eine Refokussierung auf Bündnisverteidigung beschlossen. Im maritimen Raum wird angestrebt, die gemeinsame Alliance Maritime Posture, also das maritime Dis­positiv der Nato-Staaten, zu stärken sowie deren maritime Aktivitäten und Zusammenarbeit besser zu koordinieren. Den Vorschlägen des maritimen Kom­mandos der Nato (MARCOM) zufolge sollen zukünftige Koordinationsmodelle vor allem regional ver­ortet und damit fokussierter gestaltet werden. Aktuelle Initiativen betreffen den Schwarzmeerraum und die Ostsee. Die Deutsche Marine ist aus drei Gründen prä­desti­niert, die Kooperation zwischen Alliierten und Partnern im Ostseeraum voranzutreiben: wegen ihrer regionalen Expertise in der Ostsee und an der Nordflanke, ihrer Be­deu­tung als größte Nato-Marine im Ostseeraum, ihrer Verlässlichkeit als Truppensteller für die stehenden maritimen Einsatzverbände der Nato. Das Bekenntnis der deutschen Regierung, innerhalb der Allianz mehr Verantwortung zu übernehmen, könnte auf diese Weise wahrnehmbar mit Inhalt gefüllt werden.

Covid-19 and the Securitization of National Crises in Israel’s Strategic Approach

Mon, 14/12/2020 - 00:00

Israel’s first response to the Covid-19 crisis demonstrated a security-based approach to a non-military national crisis. Faced with a first-of-its-kind non-military crisis of national magnitude, the government reactivated a pre-established, well-rehearsed policy protocol. It assigned the security community with the operational management of the crisis and responsibility over key strategic roles. Israel’s reliance on this commu­nity is an outcome of both the health system’s weakness as well as an overarching mind­set – shared by both the leadership and the public – that perceives the security commu­nity as the optimal manager of national crises. This approach curtails the development of civilian crisis capacities and enhances future dependency on the security community in national crises. It bears consequences on Israel’s performance in future civilian crises: first, on its ability to devise an optimal response, second on its level of readiness to con­front security threats during such crises, and third on public transparency.

China – Pandemiegewinner für den Moment

Mon, 14/12/2020 - 00:00

Ist es eine Ironie des Schicksals, dass die Corona-Pandemie, die Ende 2019 auf dem Tiermarkt von Wuhan wohl ihren Anfang nahm, Chinas Aufstieg nun einen mächtigen Schub verleiht? Als erste Zwischenbilanz ist jedenfalls festzuhalten, dass sich Pekings drakonische, teils inhumane Maßnahmen der Seuchenbekämpfung als äußerst erfolg­reich erwiesen haben. Die Eindämmung von Covid-19 in der Volksrepublik ermöglichte eine Rückkehr zur Normalität und legte den Grundstein für einen kräftigen Wirt­schaftsaufschwung. Die Führung von Partei und Staat nutzt diese Errungenschaften politisch im In- und Ausland. Chinas effektive Krisenbewältigung – epidemiologisch, ökonomisch, politisch – weist das Land am Jahresende 2020 als Krisengewinner aus. Doch ist fraglich, wie nachhaltig die wirtschaftlichen und politischen Erfolge sind.

Future Combat Air System: Too Big to Fail

Fri, 11/12/2020 - 00:00

Die Entwicklung des Future Combat Air System (FCAS) ist Europas bedeutendstes Rüstungsvorhaben. Sowohl technologisch als auch militärisch hat das Projekt das Potenzial, neue Standards zu setzen und den Einsatz von Luftstreitkräften zu revolutionieren. Politisch ist das multinationale Vorhaben ein Lackmustest dafür, in­wiefern Europa in der Lage ist, sicherheitspolitisch zusammenzuarbeiten, eigene Fähigkeiten zu entwickeln und zu diesem Zweck nationale Interessen in den Hintergrund zu stellen. Auf Berlin und Paris lastet besondere Verantwortung für den Erfolg des Projekts. Ihre unterschiedlichen Blickwinkel und Verfahren gefährden ihn jedoch – ein Scheitern hätte für alle Beteiligten gravierende Nachteile.

Die asiatische Freihandelszone RCEP

Thu, 10/12/2020 - 00:00

Der Abschluss der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen »Regional Comprehensive Economic Partnership« (RCEP) am 15. November 2020 wurde vielfach als wich­tiger Schritt in der Entwicklung des internationalen Handelssystems gepriesen. Dass in dieser Zeit die größte Freihandelszone geschaffen wird, die die Welt je gesehen hat, ermöglicht es, Protektionismus nicht mehr als einzige Option für die Handelspolitik im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts zu sehen. Doch auch wenn RCEP die administrative Komplexität der Handelsabkommen in der Region reduziert, stellt es keinen großen Durchbruch hin zu einem liberalen Wirtschaftsraum dar. RCEP ist ein relativ schwaches Handelsabkommen. Es hat nicht das Potential, aus dem asiatisch-pazifischen Raum einen monolithischen Block in der internationalen Handelspolitik zu machen. Zudem leistet es keinen Beitrag zur Überwindung der wachsenden poli­tischen Spannungen in der indo-pazifischen Region.

 

Eine robustere Russlandpolitik für die EU

Thu, 10/12/2020 - 00:00

Seit der Krimannexion und dem Beginn des Kriegs in der Ostukraine im Frühjahr 2014 befindet sich die EU überwiegend im Modus des Krisenmanagements vis-à-vis Russland. In den letzten sechs Jahren hat sich erwiesen, dass die russi­schen Hand­lungen gegenüber der Ukraine keine einmalige Krisensituation bilden, sondern Aus­druck einer Politik sind, die Souveränität und territoriale Inte­grität anderer Staaten verletzt und keinen Kom­promiss mit westlichen Akteuren in der Nachbarschaft sucht. Damit verbunden ist ein Ansatz, der zum Ziel hat, die EU und viele ihrer Mitglied­staaten zu schwächen. Schließlich hat nicht nur der Fall Alexej Nawalnyj gezeigt, dass die russische Führung bereit ist, brutale Methoden anzuwenden, um die Entstehung einer tragfähigen poli­tischen Opposition zu ver­hindern. Die EU braucht eine Russlandpolitik, die in der Lage ist, mit einem solchen Russland effektiver umzugehen.

Turkey, the EU and the Eastern Mediterranean Crisis

Wed, 09/12/2020 - 00:10

The Eastern Mediterranean crisis reflects two overlapping developments. On the one hand, it is a manifestation of Turkey’s increasingly assertive posturing in the inter­national arena. At the same time, it shows the intensity of the geopolitical competi­tion between Turkey and its adversaries, such as Egypt and the UAE. The EU Member States’ different levels and forms of engagement with Turkey obstruct a consensus on how to coherently respond to these developments. With accession negotiations stalled and discussions focused on areas of conflict rather than cooperation, EU-Turkey relations are mired in stalemate, while the militarization of foreign policy is becoming increasingly prevalent in the EU’s southern neighbourhood.

US-Abzug aus Afghanistan: Das Dilemma der Nato

Wed, 09/12/2020 - 00:10

Wenige Wochen vor dem Ende seiner Amtszeit will US-Präsident Donald Trump Soldaten aus Afghanistan zurückholen. Seine Ankündigung, die Truppen bereits bis Mitte Januar auf 2500 Soldaten zu verkleinern, hat die Nato in Aufruhr versetzt. Denn zum einen hängen die Verbündeten am Hindukusch von amerikanischer Unterstützung ab, zum anderen hat ein überstürzter Rückzug – so schätzt es auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ein – Signalwirkung für die laufenden Friedensverhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban.

Die prinzipielle Dynamik des Afghanistan-Engagements der Allianz konnte auch das Treffen der Nato-Außenminister Anfang Dezember kaum verändern. Zwar betonten die Bündnispartner ihre Beteiligung an der Ausbildungsmission und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte in ihrem Kampf gegen die Aufständischen. Stoltenberg machte bei der Gelegenheit aber deutlich, dass die Bündnispartner im nächsten Jahr vor einer Entscheidung ständen: ob sie in Afghanistan bleiben und riskieren, dass die Kämpfe fortgesetzt werden, oder ob sie das Land verlassen und riskieren, dass es wieder zu einem Rückzugs- und Rekrutierungsort für islamistische Terroristen wird. Damit trug er dem unübersehbaren Momentum in Richtung eines endgültigen Truppenabzugs vom Hindukusch Rechnung. Zugleich wies er die USA auf ihre Schlüsselstellung für den Zeitplan und die Modalitäten des Einsatzes hin.

Die skizzierte Entscheidung wollen die NATO-Verteidigungsminister im Februar treffen. Sie müssen dabei berücksichtigen, dass die Regierung Trump den Aufständischen bereits einen vollständigen Truppenabzug zum Ende April in Aussicht gestellt hat. Zwar hängt dies von den Verhandlungen in Doha ab und der ab dem 20. Januar amtierende Präsident Joe Biden ist an diese Zusage nicht gebunden, aber eine substantielle Aufstockung der US-Truppen ist angesichts der in den USA weit verbreiteten Afghanistan-Müdigkeit unrealistisch. Damit ist wahrscheinlich, dass der Nato-Einsatz im ersten Halbjahr 2021 beendet wird.

Die Sicherheit in Afghanistan ist im Interesse Deutschlands

Deutschland ist nun seit zwei Jahrzehnten militärisch in Afghanistan aktiv. Der Einsatz hat die Bundeswehr nachhaltig geprägt: Er steht heute sinnbildlich für das veränderte Aufgabenspektrum der Streitkräfte mit großformatigen Stabilisierungseinsätzen. Auch wenn viele Berliner Entscheidungsträger darüber erleichtert sein werden, dass der Einsatz endet, bleibt die dortige Sicherheitslage für Deutschland bedeutend. Drei Gründe sprechen für ein weiteres sicherheitspolitisches Engagement am Hindukusch:

Erstens der Terrorismus: Der afghanische Zweig des IS, der »Islamische Staat Khorasan«, ist an den Friedensverhandlungen nicht beteiligt und reklamiert zahlreiche Attentate für sich. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen befinden sich etwa 2200 IS-Kämpfer in Afghanistan. Dann ist da, zweitens, noch die Geopolitik: Als Nachbar verfolgt China eine Reihe sicherheitspolitischer Interessen in Afghanistan und betrachtet das Land als Austragungsort geopolitischer Rivalitäten mit dem Westen. Drittens verursacht die Sicherheitslage im Land Fluchtbewegungen. Weltweit sind rund 2,7 Millionen afghanische Flüchtlinge registriert. Afghanistan stellt im Jahr 2020 bislang die drittgrößte Zahl von Asylbewerbern in Deutschland.

Kurzfristig muss nun erst einmal der sichere Abzug der Bundeswehr geplant und eingeleitet werden. Es wird hier auf eine enge Abstimmung mit der Nato und der US-Armee ankommen, auf deren Fähigkeiten die deutschen Streitkräfte angewiesen sind. Der Deutsche Bundestag sollte für diesen letzten Akt des deutschen Einsatzes am Hindukusch ein neues Mandat beschließen. Das aktuelle läuft Ende März ab und wird den Besonderheiten des Abzuges nicht gerecht. Die Verantwortung für die Sicherheit des Landes wird dennoch mittel- bis langfristig zentrale Aufgabe deutscher Außenpolitik bleiben – selbst ohne die Nato-Mission.

Afghanistan steht am Scheideweg

Mittelfristig könnte Afghanistan Eckpfeiler einer neuen Sicherheitsarchitektur in der Region werden: Russland, Iran, Pakistan, Indien und China bemühen sich um Einfluss im Land. Dabei zeigen sie kein großes Interesse an »Nation Building«, sondern suchen pragmatische Lösungen zur Sicherung von Transitrouten für Energieträger und Handelsgüter sowie im Kampf gegen organisierte Kriminalität und länderübergreifenden Terrorismus. Es liegt auch im Interesse aller Regionalmächte, den Einfluss des IS einzudämmen. Eine relativ stabile Sicherheitslage würde zudem die Flüchtlingszahlen in der Region reduzieren.

Vor diesem Hintergrund wäre es ein Fehler westlicher Politik, diesen geopolitisch bedeutenden und daher umstrittenen Raum anderen Akteuren zu überlassen. Es ist nicht völlig auszuschließen, dass diese Mächte ihre Rivalitäten zum Nachteil Afghanistans in dessen Gebiet verlegen. Zudem steht für keinen dieser Staaten der Einsatz für Menschenrechte, Gleichberechtigung oder Rechtsstaatlichkeit im Mittelpunkt seiner Regionalpolitik – Anliegen, die westlicher Afghanistan-Politik immer wichtig gewesen sind. Die USA, Nato, EU und Deutschland haben ein Interesse an der politischen Stabilität des Landes – und daran, die in den vergangenen knapp zwanzig Jahren gemachten Fortschritte zu erhalten. Ein Abzug ohne eine sicherheitspolitische Bindung Kabuls an den »Westen« wäre eine vergebene Chance. Dass Afghanistan jüngst ein offizielles Partnerland der Nato geworden ist, weist in die richtige Richtung. Es sollte vor allem darum gehen, die erzielten militärischen Fortschritte weiter zu begleiten und beratend zur Verfügung zu stehen. Eine begrenzte Nato-Präsenz in Form von Beraterteams für die afghanische Regierung und die militärische Führung wäre ein deutliches Zeichen des kontinuierlichen Engagements.

The Haredim as a Challenge for the Jewish State

Wed, 09/12/2020 - 00:00

A culture war is being waged in Israel: over the identity of the state, its guiding principles, the relationship between religion and the state, and generally over the question of what it means to be Jewish in the “Jewish State”.

The Ultra-Orthodox community or Haredim are pitted against the rest of the Israeli population. The former has tripled in size from four to 12 per­cent of the total since 1980, and is projected to grow to over 20 percent by 2040. That projection has considerable consequences for the debate.

The worldview of the Haredim is often diametrically opposed to that of the majority of the population. They accept only the Torah and religious laws (halakha) as the basis of Jewish life and Jewish identity, are critical of democratic principles, rely on hierarchical social structures with rabbis at the apex, and are largely a-Zionist.

The Haredim nevertheless depend on the state and its institutions for safe­guarding their lifeworld. Their (growing) “community of learners” of Torah students, who are exempt from military service and refrain from paid work, has to be funded; and their education system (a central pillar of ultra-Orthodoxy) has to be protected from external interventions. These can only be achieved by participation in the democratic process.

Haredi parties are therefore caught between withdrawal and influence. Whilst protecting their community, they try to both combat tendencies that run counter to their conception of Jewishness as “defenders of the Jewish character of the state”, and to gain more importance within state and society for principles of religious law. This impetus to shape affairs is recent.

The Haredim are changing both state and society, and they in turn are changed by them. Responses from within the community to this fact range from calls for isolation to those for integration within the state to those for taking it over.

For Israel’s international partners, the Haredim’s growing influence will necessarily mean more negotiation, especially where liberal and emanci­patory issues are at stake.

Globale Impfstoffverteilung: Zu kleiner Kuchen, ungleiche Stücke

Tue, 08/12/2020 - 16:00

Candida Splett: Reiche Staaten sorgen über Abnahmegarantien und Vorkaufsrechte dafür, dass ihre Bevölkerungen zuerst geimpft werden. Damit ist ein großer Teil der absehbar vorhandenen Impfdosen bereits verteilt. Der selbst erhobene Anspruch, Impfstoffe global fair zu verteilen, läuft ins Leere. Wie erklären Sie sich das?

Maike Voss: Staaten müssen unterschiedliche Interessen balancieren. Der Schutz der eigenen Bevölkerung steht dabei an erster Stelle. Deutschland will außerdem dem deutschen Unternehmen BioNTech Gewinne sichern. Und dann geht es auch um die moralisch-rechtliche Selbstverpflichtung, den Impfstoff als globales Gut zu behandeln, das für alle Menschen weltweit und unabhängig von ihrer Kaufkraft zugänglich ist. Außenpolitisch hat man sich dafür stark gemacht. Innenpolitisch aber wird das nicht mitgetragen, da geht es vor allem um die eigene Bevölkerung.

Wieso kann man nicht genug Impfstoff für alle produzieren?

Das liegt daran, dass die traditionellen Verfahren in der Forschungsförderung, Produktentwicklung und im Patentsystem dafür sorgen, dass nur die Unternehmen, die den Impfstoff entwickeln, ihn auch produzieren bzw. am Ende vermarkten dürfen. Durch dieses System werden Produktion und Vertrieb künstlich begrenzt.

Wie können Staaten hier Abhilfe schaffen?

Costa Rica hat schon frühzeitig vorgeschlagen, einen von der WHO koordinierten, freiwilligen »Covid-19 Technology Access Pool« einzurichten. Dort würden Daten zu medizinischen Behandlungen und Impfstoffen gesammelt und geistige Eigentumsrechte gebündelt. Bisher wollen sich etwas mehr als 40 Länder beteiligen, das sind allerdings Länder mit eher niedrigem Einkommen und geringen Produktionskapazitäten. Damit das Verfahren funktioniert, müssten sich Pharmaunternehmen beteiligen, die freiwillig ihre Patente in den Pool geben, und möglichst viele Staaten mit großen Produktionskapazitäten. Dann könnten Impfstoffe, Medikamente und Diagnostika kostengünstig, in großem Umfang und schnell nachproduziert werden. Das wird wohl auf diesem Weg nicht klappen. Aber auch die Welthandelsorganisation könnte Abhilfe schaffen.

Wie sähe das aus?

Südafrika und Indien schlagen dort den vorübergehenden Verzicht auf bestimmte Verpflichtungen in den TRIPS-Abkommen zum Schutz des geistigen Eigentums vor. Ziel ist es, allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, für den Zeitraum der Pandemie den Schutz des geistigen Eigentums für Covid-19-Impfstoffe auszusetzen und keine Patente dafür zu vergeben. So könnten Produkte nachproduziert und importiert werden, ohne Handelskonflikte zu riskieren. Jedoch muss dieser Vorstoß von einer Zweidrittelmehrheit der WTO-Staaten mitgetragen werden, die bisher nicht vorliegt. Immerhin haben einige Unternehmen signalisiert, individuell von ihrem Patentrecht zurückzutreten, damit andere Hersteller die Impfstoffe schnell nachbauen können. Die wichtigen Impfstoffhersteller in Deutschland und den USA sind aber nicht dabei.

Wie funktioniert die Impfstoffplattform COVAX zur gerechten Verteilung von Impfstoffen in der Theorie?

COVAX ist ein von der WHO, der Impfallianz Gavi und der Forschungsplattform CEPI koordinierter Verteilungsmechanismus, an dem sich momentan mehr als 180 Staaten beteiligen, womit rund 90 Prozent der Weltbevölkerung abgedeckt sind. Zunächst sollen dort alle Staaten Impfstoffe für drei Prozent, anschließend für zwanzig Prozent ihrer Bevölkerungen beziehen können.

Wird das in der Praxis funktionieren?

Nein. Viele Staaten haben sich, vor und während des Aufbaus von COVAX, schon direkt bei den Herstellern Impfstoffe gesichert und damit den Markt leergekauft. Daher sind sie an COVAX nur als Geber beteiligt, die für Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen Impfstoffe finanzieren. Aber weder reichen die bereitgestellten Gelder aus, noch gibt es genug Impfstoffe, die COVAX kaufen könnte. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Staaten selbst nicht über den Mechanismus beziehen und COVAX damit wenig Macht in den Preisverhandlungen mit den Herstellern hat. Insofern unterwandern die reichen Staaten COVAX, auch wenn sie zahlen – preisen aber paradoxerweise gleichzeitig die Idee des Impfstoffs als globales öffentliches Gut.

Was können Deutschland und andere reiche Staaten jetzt noch tun, damit COVAX ins Rollen kommt?

Die meisten Staaten haben ja viel mehr Impfstoffdosen reserviert, als ihre Bevölkerungen brauchen. Daher könnten sie zehn bis zwanzig Prozent davon – Frankreich hat das schon angekündigt – an COVAX abgeben. Das wird wahrscheinlich passieren, schon allein aus Gründen der Gesichtswahrung. Das ideale, aber unrealistische Szenario ist, dass Deutschland und weitere Staaten, etwa die G7, sich darauf einigen, die gesamten vorab gesicherten Impfstoffdosen an COVAX abzugeben und selbst auch darüber zu beziehen. Außenpolitisch wäre das ideal, aber innenpolitisch nicht zu verkaufen. Da ist in Deutschland schon die Erwartung geweckt worden, dass der Impfstoff im Dezember kommt. Die muss jetzt erfüllt werden.

Wie kann man diese kommunikative Diskrepanz zwischen Innen- und Außenpolitik verringern?

Wenn Deutschland einen Anteil seiner reservierten Dosen an COVAX abgibt, ist es wichtig, das gut zu kommunizieren: Es sollte betont werden, dass damit an erster Stelle Gesundheitsfachkräfte geimpft werden, wie es die WHO empfiehlt. Deutschland könnte sich außerdem dafür einsetzen, dass die humanitären Kontingente in COVAX befüllt werden, die für Menschen in Krisen- und Fluchtsituationen gedacht sind. Auch bilateral kann man für solche Kontingente sorgen. Und schließlich kann Berlin entwicklungspolitisch zur Verbesserung der Sicherheit und Logistik der Lieferketten von Impfstoffen, Medikamenten und diagnostischen Tests beitragen. Ein Impfstoff wird bald das rarste Gut auf der Welt sein. Wir werden viel über Arzneimittelkriminalität, auch über Angriffe auf Impfstoffkonvois hören. Dass man hier gegensteuern muss, wird die Mehrheit der Deutschen verstehen.

Nächste Woche erscheint die SWP-Studie »Internationale Politik unter Pandemiebedingungen: Tendenzen und Perspektiven für 2021«, die u.a. einen Beitrag von Maike Voss mit zwei Szenarien zur Impfstoffverteilung enthält.

Das Interview führte Candida Splett von der Online-Redaktion der SWP.

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