Wirtschaftlich können Sanktionen im sanktionierten Land beträchtliche negative Wirkungen von langer Dauer entfalten. Doch ökonomische Kosten setzen sich keineswegs zwangsläufig in politische Wirksamkeit um. Sanktionen sind, was die Durchsetzung der angestrebten Politik- und Verhaltensänderung angeht, häufiger erfolglos als erfolgreich. Sanktionen gegen die für eine anstößige Politik verantwortliche staatliche Führung und die sie stützenden Kerngruppen sind politisch nicht wirksamer als konventionelle umfassende Handelssanktionen. Im Fall autoritärer Systeme mit einem funktionierenden Repressions- und Propagandaapparat muss damit gerechnet werden, dass Wirtschaftssanktionen regimekonsolidierend wirken. Insbesondere multilaterale, für den betroffenen Staat kostspielige Sanktionen können jedoch zu Regimewandel beitragen, wenn über die internationale Missbilligung der Herrschenden die Verhandlungsmacht einer gewaltlos agierenden Protestbewegung im Lande gestärkt wird. Wirtschaftssanktionen haben vielfach beträchtliche negative, ja kontraproduktive Auswirkungen in den sanktionierten Staaten: auf die Menschenrechtslage, auf Armut und Ungleichheit, die öffentliche Gesundheit, die Lebenserwartung und die Kindersterblichkeit, den Grad an Repression und an staatlicher Kontrolle über die Wirtschaft.
While a second Trump Presidency would be challenging for transatlantic ties, US nuclear assurances to its NATO allies in Europe would likely be the last casualty – not the first – of a fraying relationship. There is an intrinsic incompatibility between the United States completely abandoning its role as global actor, which would be the prerequisite for the withdrawal of such assurances, and Trump’s domestic interests. It cannot be denied that the worst-case scenario – namely, the end of extended nuclear deterrence – is possible and requires careful contingency planning on the part of the allies; but it is highly unlikely and should not distract from addressing the more probable outcome. Even in the best-case scenario of a Trump II administration resembling his first term, US nuclear assurances are likely to become less credible. To allay concerns, German and European policymakers should work with their US counterparts before and after the November 2024 election to strengthen transatlantic diplomatic coordination, conventional deterrence and defence, as well as nuclear options.
Entscheidungsträger im Maghreb bedienen seit Jahrzehnten Freund- und Feindbilder mit Blick auf zwei regionale Akteure, die in der MENA-Region am meisten umstritten sind: Israel und Iran. Offizielle Beziehungen zu Israel hat nur Marokko, zu Iran pflegen nur Algerien und Tunesien Beziehungen. Die systematische Auswertung von Texten aus Nachrichtenagenturen und sozialen Medien zeigt, dass politische Akteure im Maghreb Diskurse und Stimmungslagen zu Israel und Iran für innen- und außenpolitische Zwecke nutzen. Dabei geht es um Sicherung der eigenen autoritären Herrschaft, Einschränkung der Meinungsfreiheit, Stärkung der Sicherheitsapparate, Dämonisierung des Nachbarstaates und Nation-Branding in der internationalen Arena. Die Eskalation der Gewalt in Nahost seit dem 7. Oktober 2023 hat in den drei Maghreb-Staaten negative Haltungen zu Israel und in geringerem Maße positive zu Iran verstärkt und nahezu einhellige Ablehnung Israels in den Bevölkerungen offenbart. Die offiziellen Reaktionen variieren: Rabat hält an der Normalisierung der Beziehungen mit Israel und der Ablehnung Irans fest. Algier versucht sich in der internationalen Arena als Stimme globaler Gerechtigkeit zu profilieren. Tunesiens Präsident geriert sich als standfester Kämpfer gegen den Zionismus. Europäische Entscheidungsträger sollten Verständnis für grundlegend andere Sichtweisen im Maghreb auf Israel und Palästina sowie Iran aufbringen, solange diese Auffassungen keine Hetze und Gewaltaufrufe beinhalten. Es gilt auch, wachsam zu bleiben, wenn Maghreb-Staaten unter dem Vorwand des Kampfes gegen Israel oder Iran Meinungsfreiheit sowie kulturellen und religiösen Pluralismus einschränken und – im Falle Algeriens und Marokkos – Desinformation und Säbelrasseln gegen den jeweiligen Nachbarstaat betreiben.
In den letzten 15 Jahren hat die EU in vielfachen Krisen ihre Widerstandsfähigkeit bewiesen und wichtige politische Einigungen erzielt, die teilweise über den Rahmen des Lissabon-Vertrags hinausweisen. Dabei spielten – im Sinne eines »flexiblen Krisenfunktionalismus« – exekutive Institutionen, insbesondere der Europäische Rat und die EU-Kommission, eine führende Rolle. Währenddessen wurden programmatische Großprojekte der EU, vor allem in der Klima- und Cyberpolitik, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren vorangetrieben. Dies zeigt, dass das traditionelle, eher technokratische Integrationsmodell weiterhin Bestand hat. In zehn Einzelbeiträgen zu zentralen politischen Projekten der EU sowie zwei Querschnittsanalysen wird der gegenwärtige Stand der Integration ausgelotet und aufgezeigt, wie den kommenden Herausforderungen begegnet werden könnte oder müsste. Die Entscheidungsfindung in der EU bleibt stark konsensorientiert. Dennoch ist die EU-Politik mit einem wachsenden Maß an Polarisation konfrontiert, insbesondere da, wo Ressourcen mobilisiert und umverteilt werden sollen oder weitreichende exekutive Entscheidungen anstehen. Das derzeitige Rüstzeug der EU reicht für die anstehenden Handlungserfordernisse nicht aus. Zu den vorrangig zu lösenden Aufgaben zählen: Förderung der Rechtsstaatlichkeit, ambitionierte Reformen der Erweiterungspolitik, Stärkung von Kompetenzen und Entscheidungsverfahren sowie Ausgleich des anhaltenden Demokratiedefizits der EU. Jenseits von einzelnen pragmatischen Integrationsschritten im Zuge dauerhaften Krisenmanagements gilt es deshalb, die Legitimität der EU umfassender auszubauen.
The debate in the European Union (EU) on the expansion of majority decision-making is entering a new round. Germany, in particular, is seeking to build a coalition in favour of more majority decisions in light of the, at times, difficult decision-making process concerning foreign and security policy, and the prospect of future EU enlargement. Too often, however, this debate is not taking into account how and with what results majority decisions are being used in other, sometimes equally contested policy areas. An analysis of the public votes since 2010 compiled in the SWP’s new EU Council Monitor shows that EU member states generally strive for consensus, even in majority decisions. Larger groups of member states are almost never outvoted. Still, Hungary and Poland increasingly stand out as two states that are outvoted more often than others, albeit to a slightly lesser degree than the United Kingdom (UK) was before Brexit. One way out of the dilemma between strengthening the EU’s ability to act and protecting vital national interests could be a well-balanced “sovereignty safety net”.