Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) dürften ihre Geldgeschenke an Ägypten unter Präsident Abdel Fattah al-Sisi in Zukunft deutlich weniger großzügig ausfallen lassen. Denn Saudi-Arabien hat sich unter dem seit einem Jahr amtierenden König Salman der Muslimbruderschaft angenähert, die vom ägyptischen Regime als Ursache allen Übels dargestellt wird. Riads übergeordnete Priorität ist heute, den regionalen Einfluss Irans, vor allem im Jemen und in Syrien, einzudämmen. Doch gerade in Syrien weicht Sisis Position von der Saudi-Arabiens ab. Darüber hinaus ist man in Riad wie auch in Abu Dhabi frustriert, weil Erfolge bei der Verbesserung von Ägyptens Wirtschafts- und Sicherheitslage ausbleiben. Niedrige Ölpreise sorgen zudem für eine restriktivere Ausgabenpolitik am Golf. Für Deutschland und die EU bietet sich damit erstmals seit dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi die Gelegenheit, in Ägypten mittels konditionierter finanzieller Unterstützung auf mehr politische Teilhabe und bessere Regierungsführung zu drängen.
Selten ist ein Beschluss der Staats- und Regierungschefs und -chefinnen der Europäischen Union aus so unterschiedlichen Perspektiven und Interessenlagen kritisiert worden wie die Vereinbarungen der EU mit der türkischen Regierung vom 29. November 2015 zur Eindämmung der Flüchtlingskrise. Osteuropäische Staaten, Menschenrechtsorganisationen, eine türkeikritische europäische Öffentlichkeit und türkische Intellektuelle sind in Skepsis gegenüber der Brüsseler Politik vereint. Die EU sei der Türkei finanziell und politisch zu weit entgegengekommen. Die Situation der Türkei dagegen spielt in der Diskussion kaum eine Rolle. Wenig wird danach gefragt, mit welchen finanziellen Mitteln die Türkei diese Aufgaben lösen soll, welche politischen Kosten der Regierung entstünden und wie groß der Umbruch in der türkischen Asyl- und Ausländerpolitik wäre. Noch weniger wird darüber nachgedacht, warum die Türkei zu einer Zusammenarbeit mit der EU bereit sein sollte, wie sie dafür zu gewinnen wäre und auf welche gemeinsamen Ziele und Interessen sich eine solche Kooperation gründen könnte.
Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts waren die internationale Gemeinschaft und Europa nicht mehr so tief in der Frage gespalten, welche Rolle Atomwaffen in der Sicherheitspolitik spielen sollen. In den Vereinten Nationen (VN) wird darüber gestritten, ob Verhandlungen über einen nuklearen Verbotsvertrag aufgenommen werden sollen. Gleichzeitig haben die russische Aggression gegen die Ukraine und die damit verbundenen nuklearen Drohgebärden Moskaus eine neue Diskussion über die Aufwertung atomarer Abschreckung in der Nato ausgelöst. Beide Debatten sind für Berlin schwierig und unangenehm, weil sie den von Deutschland bevorzugten schrittweisen Ansatz in der Rüstungskontrolle unterminieren. Für Juli 2016 ist der Nato-Gipfel in Warschau geplant und im Laufe des Jahres soll sich eine Arbeitsgruppe zur nuklearen Abrüstung in Genf konstituieren. Angesichts dessen muss sich Berlin klar zur nuklearen Abschreckung positionieren, will es den Ausgang der Diskussion zu diesem Thema aktiv mitbestimmen.
Nach langem Zögern hat David Cameron seine Forderungen für eine »EU-Reform« auf den Tisch gelegt, mit der er die Briten vom Verbleib in der Union überzeugen will. Kernelement seiner Vision der EU ist die Flexibilität. Großbritannien soll die Möglichkeit erhalten, sich endgültig von der weiteren EU-Integration abzukoppeln und seine Mitgliedschaft auf einen vertieften Binnenmarkt zu konzentrieren. Damit will er die bestehende Sonderstellung seines Landes in einer ohnehin immer stärker differenzierten EU weiter ausbauen. Jenseits konkreter politischer Überlegungen müssen die EU-Staaten daher in den Verhandlungen Antworten auf zwei Kernfragen finden: Wie viel Differenzierung und Sonderausnahmen verträgt die Europäische Union? Und wie kann eine dauerhaft bestehende Differenzierung besser abgefedert werden?